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Wenn Wunden weitergegeben werden – wie unbewusste Muster unser Leben steuern

Manchmal geschieht es leise. Ohne böse Absicht, ohne bewusste Entscheidung. Und doch wiederholt sich Geschichte – nicht im Außen, sondern in uns. Wir verhalten uns so, wie wir es einst selbst erlebt haben. Wir sprechen Worte, die uns selbst verletzt haben. Wir erschaffen Dynamiken, die wir als Kinder nie wollten. Und plötzlich erkennen wir erschrocken: Wir klingen wie unsere Eltern. Wir reagieren, wie einst auf uns reagiert wurde und wir tun Dinge, von denen wir glaubten, sie niemals zu tun.
Warum das passiert – ein Blick aus psychologischer und systemischer Perspektive
Unsere ersten Lebensjahre sind wie eine Landkarte. Sie prägt, wie wir Beziehung, Nähe, Grenzen und Sicherheit verstehen. In der systemischen Psychologie geht man davon aus, dass Verhaltensmuster, Glaubenssätze und sogar emotionale Reaktionsweisen über Generationen weitergegeben werden – unbewusst, subtil, aber tiefgreifend.
Kinder lernen nicht nur durch Worte, sondern vor allem durch das, was unausgesprochen bleibt. Sie übernehmen Stimmungen, Haltungen, Überzeugungen und coping-Strategien. Das nennt man intergenerationale Weitergabe oder auch implizites Lernen. Wenn z. B. eine Mutter in ihrer Kindheit gelernt hat, dass Anpassung Sicherheit bedeutet, wird sie diese Haltung – meist unbewusst – an ihre Kinder weitergeben. Nicht, weil sie es will. Sondern, weil sie es nicht anders gelernt hat.
Beispiele aus dem Alltag
- Eine Frau, die als Kind kaum Zuwendung bekam, gibt später ihrem eigenen Kind alles – Liebe, Aufmerksamkeit, Nähe. Doch sie verliert sich selbst dabei, weil sie Nähe mit Selbstaufgabe verwechselt.
- Ein Mann, der in einer Familie aufwuchs, in der Konflikte tabu waren, wird als Erwachsener alles tun, um Streit zu vermeiden – auch wenn das bedeutet, sich selbst zu verleugnen.
- Eine Tochter, die von emotionaler Kälte geprägt wurde, reagiert als Mutter überstreng oder kontrollierend – aus Angst, ihr Kind könnte sonst dieselbe Leere spüren wie sie.
- Eine Frau, die Gewalt erlebt hat, wählt unbewusst Partner, die ähnliche Muster leben – weil das Bekannte paradox als „sicher“ empfunden wird.
- Jemand, der als Kind oft beschämt wurde, beschämt später andere – um sich selbst nicht mehr ohnmächtig zu fühlen.
Das ist kein böser Wille.
Es ist Schmerz, der Form angenommen hat.
Unverarbeitet.
Unbewusst.
Und doch wirksam.
Vom Opfer zum Gestalter – Bewusstwerden als Wendepunkt
Der Moment, in dem wir diese Wiederholungen erkennen, ist kein Anlass zur Schuld – sondern eine Einladung zur Bewusstwerdung. Denn erst, wenn wir verstehen, warum wir etwas tun, können wir es verändern.
- 3 Reflexions-Fragen für dich:
- Welche Sätze, die du heute sagst, hast du vielleicht früher selbst gehört?
- In welchen Momenten reagierst du „wie automatisch“ – obwohl du eigentlich anders handeln möchtest?
- Welche Emotionen in dir fühlen sich vertraut, aber nicht gesund an?
- Mini-Übung: „Zurück zum Ursprung“
Wenn du in einer schwierigen Situation bist, frage dich:
- Wem gehört dieses Verhalten ursprünglich?
- Ist das wirklich meins – oder habe ich es übernommen, um zu überleben, geliebt zu werden oder nicht aufzufallen?
Schreibe die Antwort auf.
Manchmal genügt das Bewusstwerden, um eine jahrzehntelange Kette zu durchbrechen.
Wie Heilung beginnt
Heilung bedeutet nicht, die Vergangenheit ungeschehen zu machen. Sondern sie zu erkennen, zu verstehen – und neue Wege zu wählen. Das braucht Zeit, Mitgefühl und oft auch professionelle Begleitung. Systemisches Coaching oder therapeutische Arbeit können helfen, die eigenen Muster sichtbar zu machen und sich liebevoll davon zu lösen. Damit du nicht weiterträgst, was dich einst verletzt hat. Sondern beginnst, bewusst zu gestalten, was dir entspricht.
Zum Weiterlesen und Weiterfühlen
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Mein Ratgeber:
„Wie erkenne ich, dass…? Dein Wegweiser zu Selbstfindung und Klarheit“
Er hilft dir, unbewusste Dynamiken zu erkennen und zu verstehen, was wirklich zu dir gehört.
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- Podcast-Tipp:
„Dienstags bei The Art of Women“ – höre rein in die Folge: „Wie Muster entstehen – und wie du sie durchbrichst“
-> Zu hören ab 05.10.2025
- Weitere Artikel im Online-Magazin:
- „Verlustangst in Partnerschaften – wenn Angst lenkt und Ankommen ausbleibt“
- „Mut zur Entscheidung – warum Klarheit manchmal Mut verlangt“
Anna Cisek | The Art of Women




